Die Einladung

Indianisches Gedicht von Oriah Mountain Dreamer


Es interessiert mich nicht, womit Du Deinen Lebensunterhalt verdienst.
Ich möchte wissen, wonach Du innerlich schreist,
und ob Du zu träumen wagst, der Sehnsucht Deines Herzens zu begegnen.

Es interessiert mich nicht, wie alt Du bist.
Ich will wissen, ob Du es riskierst, wie ein Narr auszusehen,
um Deiner Liebe willen, um Deiner Träume willen, und für das Abenteuer des lebendig Seins.

Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu Deinem Mond stehen.
Ich will wissen, ob Du das Zentrum Deines eigenen Leids berührt hast,
ob Du geöffnet worden bist vom Verrat im Leben,
oder ob Du verwelkt und verschlossen bist aus Angst vor weiterer Qual.
Ich will wissen, ob Du mit dem Schmerz, meinem oder Deinem, sein kannst,
ohne zu versuchen, ihn zu verbergen, zu mindern oder zu beseitigen.
Ich will wissen, ob Du mit der Freude da sein kannst, meiner oder Deiner,
ob Du mit Wildheit tanzen und Dich von der Ekstase erfüllen lassen kannst
bis zu den Spitzen Deiner Finger und Zehen,
ohne uns zur Vorsicht zu ermahnen, zur Vernunft,
oder an die Begrenztheit des Menschseins zu denken.

Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die Du erzählst, wahr ist.
Ich will wissen, ob Du jemanden enttäuschen kannst, um Dir selber treu zu sein.
Ob Du den Vorwurf des Treuebruchs ertragen kannst und nicht Deine eigene Seele verrätst.
Ich will wissen, ob Du treulos sein kannst und von daher vertrauenswürdig.
Ich will wissen, ob Du die Schönheit sehen kannst, auch wenn es nicht jeden Tag schön ist
und ob Du Dein Leben aus ihrer Gegenwart speisen kannst.
Ich will wissen, ob Du mit dem Scheitern leben kannst, meinem und Deinem,
und dennoch am Rande des Sees stehst und dem Silber des Vollmondes zurufst: "Ja!"

Es interessiert mich nicht, zu erfahren, wo Du lebst und wie viel Geld Du hast.
Ich will wissen, ob Du aufstehen kannst nach einer Nacht der Trauer und der Verzweiflung,
erschöpft und bis auf die Knochen zerschlagen,
und tust, was für die Kinder getan werden muss.

Es interessiert mich nicht, wer Du bist und wie Du hierher gekommen bist.
Ich will wissen, ob Du mit mir in der Mitte des Feuers stehen wirst und nicht zurückschreckst.

Es interessiert mich nicht, wo oder was oder mit wem Du gelernt hast.
Ich will wissen, was Dich von innen hält, wenn sonst alles wegfällt.
Ich will wissen, ob Du mit Dir allein sein kannst,
und ob Du den Umgang wirklich gerne magst, den Du in leeren Zeiten pflegst.